Praktikum — Evaluation

Einleitend erklärten wir zuvor, dass wir uns der Herausforderung stellen wollten, handlungsorientierte Unterrichtskonzepte zu entwickeln und durchzuführen. Dabei sollte Faktenwissen mit Hilfe Neuer Medien und Medienkompetenz unterrichtsbegleitend vermitteln werden. Den Schülern und Lehrern wollten wir neue Methoden und Materialien zur Unterrichtsgestaltung zeigen, diese erproben und reflektieren.

Folgend möchten wir allgemein das Konzept handlungsorientierter Unterricht vorstellen und bezugnehmend auf unser Praktikum auswerten. Dabei beziehen wir uns auf die Artikelsammlung in Mayer und Treichel (2004): Handlungsorientiertes Lernen und eLearning.


Was ist handlungsorientierter Unterricht?

„Überall dort, wo unterrichtliche Maßnahmen die Orientierung der Lernenden auf Sicherung und Erweiterung ihrer Handlungsfähigkeit1 in für sie subjektiv erfahrbarer Weise unterstützen und befördern, könnte man dann mit gutem theoretischem Recht von handlungsorientiertem Unterricht sprechen“ (Babel/Hackel 2004, S.23).


Was bedeutet „Handlung“ und „Handlungskompetenz“?

Handeln ist der Einfluss eines Individuums auf seine Umwelt und das Schaffen einer Wirkung oder Reaktion durch sein Tun (vgl. Babel/Hackel 2004, S.18).


Die Handlungsfähigkeiten, die wir förderten, waren Nutzungskompetenzen von modernen Informationsmitteln, Verarbeitung gesammelter Informationen zu einem wissensvermittelten Produkt und die Reflexion des eigenen Handelns auf das Produkt und seine Umwelt. Selbst etwas tun, um etwas zu schaffen, war der Leitsatz unserer Konzepte.


Wie haben wir das umgesetzt?

Nach Mayer (2004) müssen erforderliche Materialien und Tools nicht nur zur Verfügung gestellt, sondern den Lernenden in dem Sinne verständlich gemacht werden, dass sie eigenständig genutzt werden können. Bei der Entscheidung über Lerninhalte und Lernwege soll der Schüler beraten werden und Orientierungen erhalten. Die Auseinandersetzung der Lernenden mit dem Lernangebot fördern und Gruppenarbeit unterstützen. Die Lernergebnisse sollen kontrolliert und die Bewertungen verständlich gemacht werden (vgl. Mayer 2004, S.124).


Unsere Konzepte waren didaktische so aufgebaut, dass wir den Schülern eine Aufgabe stellten und das Ziel, meist die Erstellung eines medialen Produktes, vereinbarten. Wir erklärten das genaue Vorgehen und den Zeitplan und vermittelten dann die erforderlichen Grundkompetenzen (Differenzierung des Informationsangebotes aus dem Internet, stilistische und grafische Bearbeitungsmöglichkeiten mit Hilfe des Office Paketes, Aufnehmen und Schneiden von Tonmaterial). Diese Vermittlung erfolgte meist während die Aufgaben gelöst wurden, also wurden die Lernenden individuell betreut. Wenn die Aufgaben gelöst waren, verglichen wir sie im Klassenverband, Präsentationen wurden angefertigt und die Schüler mussten ihr Produkt vorstellen und den Nutzen bzw. die Anwendung verdeutlichen. Die reflexive Arbeit erfolgte zum einen durch Gruppengespräche nach den Präsentationen, bzw. durch die Auswertung der Kontrollen.


„Der Einsatz neuer Medien in die Lehre bietet die Möglichkeit, eine stärkere Handlungsorientierung im Unterricht zu unterstützen. Handlungsorientierter Unterricht fördert eine umfassende Auseinandersetzung und aktive Aneignung eines Lerngegenstandes“ (Meyer 2004, S. 72).


All unsere Projekte beruhen auf der Auseinandersetzung mit einem Medium. Zum Beispiel durch die Recherche im Internet und die Aufarbeitung der Informationen zu einem Potfolio am Computer, oder die Tonaufnahmen einer eigenen Geschichte, mussten sich die Schüler den Umgang mit einem Medium aneignen bzw. ihre Kenntnisse erweitern.


„Zum einen kann versucht werden, das schulische Lernen an außerschulische Handlungszusammenhänge anzubinden, also quasi Motive einer exogenen Praxis zu importieren“ (Babel/Hackel, 2004, S.26).


Themen der persönlichen Lebenswelt der Schüler standen im Vordergrund. Zu nennen sind hier beispielsweise Feste und Feiertage, die kurz vor der Tür standen, Bewerbungsabläufe und -auswertungen oder der eigenen Schulabschluss.


Handlungsorientiertes Lernen soll jedoch keinesfalls alle übrigen didaktischen und methodischen Konzeptionen ersetzen; es kann sie als eine Art Dachkonzept allerdings jeweils situations- und zieladäquat integrieren“ (Mayer/Treichel 2004, S.4).


Auf Grund der Zusammenarbeit mit den Fachkräften der Loburger Sekundarschule haben wir verschiedene didaktische Unterrichtsmethoden kennen gelernt und auch eingesetzt. Der Frontalunterricht kam zum Einsatz, wenn wir auf Grund von Zeitmangel viel Wissen vermitteln mussten, damit die Schüler bestimmte Lerngegenstände nutzen bzw. Lerninhalte verarbeiten konnten.

Zur Leistungsüberprüfung wurden Tests geschrieben und zur Bewertung von Produkten Noten vergeben. Je, nachdem welche Methode das Produkt bzw. das Ergebnis forderte.


Was fordert handlungsorientierter Unterricht von den Lernenden?

„Es ist ein ganzheitliches und teilnehmeraktives Lernen, [...]“ (Mayer/Treichel 2004, S.4).

„[...] dass die Lernenden [...] auch die Verantwortung für Lernprozess und -ergebnis übernehmen sollen“ (Babel/Hackel, 2004, S.17).


Selbstbestimmtes Lernen wird ebenso gefordert, wie die kritisch-reflexive Auseinandersetzung mit einem Thema, die Einbringung eigener Erfahrungen und bisher erworbener Kompetenzen, sowie Teamarbeit und soziale Kompetenzen.


Der Lernende soll erkennen, dass sein Handeln, Reaktionen hervorruft, für die er Verantwortung übernehmen muss. Bei der Produktion eines PodCasts zum Beispiel, müssen rechtliche und ethnische Bestimmungen beachtet werden. Des Weiteren muss dem Erzeuger bewusst sein, dass er die Zuhörer beeinflussen kann, indem verfälschte Inhalte weitergegeben oder manipulierte Aufnahmen verwendet werden.


Was fordert handlungsorientierter Unterricht von den Lehrenden?

„Selbstgesteuertes Lernen stellt aber nicht nur geänderte Anforderungen an den Lerner, sondern auch an den Lehrenden sowie an die wissensvermittelnde Institution“ (Mayer 2004, S. 121).


Handlungsorientierter Unterricht fordert die Bereitschaft interdisziplinär und fächerübergreifend zu arbeiten, „offen im Hinblick auf Ziele, Inhalte, Methoden und Lernkontrollverfahren“ zu sein, „Interessen und Erfahrungen der SchülerInnen und LeherInnen“ aufzunehmen. Individualität „Raum zu geben“ und Gruppenarbeit und demokratische Lehr-/Lernprozesse zu fördern (vgl. Babel/Hackel, 2004, S.14ff).

Da wir keinen didaktischen Dogmen untergeordnet waren und unsere Betreuer sehr offen und unterstützend in bezug auf unsere Methodik waren, konnten wir den oben genannten Anforderungen gerecht werden.


Handlungsorientierter Unterricht ist praxis- und sozialorientiert und fordert den selbstverantwortlichen und produktiven Umgang der Lernenden mit vermitteltem Wissen. Er ist ganzheitlich und offen in bezug auf Fachkontexte, Inhalte, Aufgabenstellungen, Zielvereinbarungen und didaktische Modelle. Handlungsorientierter Unterricht optimiert Konzepte, und mit Hilfe neuer Medien lassen sich diese Konzepte bestmöglich umsetzten.

Zu letzt sei an dieser Stelle noch einmal erwähnt, dass der handlungsorientierte Ansatz nicht nur Anforderungen an die Schüler stellt, sondern vor allem an die Lehrer und Bildungseinrichtungen (vgl. Mayer 2004, S. 121).


Den Ansatz des handlungsorientierten Unterrichts umzusetzen, hat uns vor einige Herausforderungen und Probleme gestellt.

Eine (Heraus-)Forderung, die allgemein von Bildung, Politik und Wirtschaft beansprucht wird, ist dass man „[...] flexible, kooperationsfähige, innovationsbeflissene, eigenständige, allgemein gebildete wie fachlich qualifizierte, selbstkompetente, polyglotte, junge und praxiserfahrene MitarbeiterInnen“ (Babel/Hackel, 2004, S.17) in den Schulen ausbilden muss. Lehrkräfte in deutschen Schulen müssen sich dieser anspruchsvollen (Heraus-)Forderung stellen und erfüllen. Man soll praxisnah arbeiten, den Bezug zur realen Welt nicht verlieren und dabei aber die vorgegebenen Lehrplaninhalte abarbeiten. Man muss „spannende“ und neuartige Aufgaben stellen, die die Lernenden reizen, aber nicht überfordern. Projektarbeit ist für den handlungsorientierten Ansatz am geeignetsten, aber mehr als 45 Minuten steht für eine Unterrichtseinheit nicht zur Verfügung. Die Schüler sollen individuell betreut werden, der Lehrende betreut jedoch gleichzeitig 28 Lernende.


Eine „Superman-Aufgabe“ für Lehrer, während unseres Praktikums hatten wir die Gelegenheit, zu sehen wie dieses (Heraus-)Forderung von unseren Betreuern gemeistert wird, und ob unsere Konzepte den hohen Ansprüchen gerecht werden.


Da wir unterrichtsbegleitend arbeiteten, zogen sich einige Projekte in die Länge, und es war schwer die Schüler zu motivieren, die Aufgaben zu beenden und nicht zwischen durch abzubrechen. Sich Teilziele zu stecken, bzw. Teilprodukte anzufertigen, erscheint hierbei sinnvoll. Auch eine Vorschau auf das vereinbarte Ziel oder ein Belohnungssystem half dabei, dass sich die Schüler wieder auf das Projekt konzentrierten.

Ein Fehler, auf den wir durch die Fachlehrer oft hingewiesen wurden, war dass wir zu hohe Erwartungen an die Lernenden stellten, bzw. uns durch Misserfolge niederschlagen haben lassen. Einer der wichtigsten Erkenntnisse, die wir gewonnen haben, ist dass die Umsetzung und Erprobung der Theorie in die Praxis, nicht immer gelingt, bzw. die eigenen Erwartungen nicht immer erfüllt werden. Die Ursachen des „Scheiterns“ müssen in einem solchen Fall gefunden, analysiert und behoben werden. Durch Absprache mit den Fachkräften und Gruppengesprächen mit den Lernenden wurde diese Hürde jedoch schnell bewältigt.

Die individuelle Betreuung der Lernenden kam bei uns nicht zu kurz, da wir den Vorteil hatten, eine Schulklasse zu dritt betreuen zu können. Dies ist jedoch nicht Standart im Schulalltag, indem sich eher eine Fachkraft um zu viele Schüler gleichzeitig kümmern muss. Viele Lehrer stehen handlungsorientierten Unterrichtskonzepten und neuen Medien oft skeptisch gegenüber, weil sie glauben über aktive 28 Schüler die Kontrolle zu verlieren.


Wir hatten das Glück unser Praktikum und unsere Unterrichtseinheiten unter Idealbedingungen durchführen zu können. Wir hatten selber großen Handlungsfreiraum und motivierte und offene Fachlehrer.


Abschlussworte

Da wir unsere praktischen Erfahrungen im Team gesammelt haben, möchten wir in diesem Punkt die Chance nutzen, ein individuelles Resümee zu ziehen.


Jacqueline

Die Bedingungen, unter denen wir unser Praktikum durchführen konnten, waren optimal. Unsere Fachlehrer standen unseren Ideen immer offen gegenüber, und das Verhältnis zwischen Praktikant und Fachkraft war gleichberechtigt. Genauso wie uns unsere Betreuer motivierten, übten sie konstruktive Kritik, um unsere Unterrichtskonzepte zu verbessern. Die Zusammenarbeit aus Studenten, deren Wissen aus Theorie und kurzen Praktika im außerschulischen Bereich bestand und den Lehrern, die seit mehr als 20 Jahren im Schuldienst stehen, war nicht behindernd, sondern begünstigten die Umsetzung unserer Ziele.

Festzustellen, dass die Umsetzung unserer Konzepte darauf hinauslief, sie eher im Nachhinein zu verbessern, als eins zu eins übernehmen zu können, war nicht immer einfach. Das kratze schon am Ego. Dennoch hielten wir ein ganzes Schuljahr durch und auf die Produkte, die innerhalb dieses Jahres entstanden sind, bin ich sehr stolz.


Unser Praktikum erweiterte meinen medialen, didaktischen, sozialen, allgemein bildenden, pädagogischen und in Geduld übendenden Horizont. Ich habe sehr großen Respekt vor dem Lehrerberuf, und auf Grund dieser Ehrfurcht und des einjährigen Praktikums, bin ich in meiner Meinung gefestigt, dass ich nie diese Profession ausüben werde.

Es fordert neben dem Fachwissen, eine große Portion Optimismus, Gerechtigkeitssinn, Offenheit, Unvoreingenommenheit, Engagement und starke Nerven. Zudem muss man sich bewusst machen, dass man nur selten das Feedback von Kollegen, Vorgesetzten, Schülern, Eltern oder vom Kultusministerium bekommt, welches man erhofft bzw. einfach braucht.


Nicole

Wie durch Jacqueline bereits vorhergehend erwähnt, halte auch ich die Bedingungen unter denen wir unser Praktikum durchführen konnten für ideal. Dank der eher geringen Größe der Loburger Sekundarschule, arbeiteten wir mit ruhigen und friedlichen Schüler zusammen, sehr schwerwiegende Probleme, wie sie momentan in den Medien thematisiert werden, traten nicht auf.

Auch mein Dank gilt dem offenen und aufgeschlossenen Lehrerkollegium. Gern wurde uns Raum für eigene kreative Ideen zur Verfügung gestellt und auch die Verwirklichung dieser wurde unterstützt. Als besonders hilfreich empfand ich die Kritik der Lehrer in Bezug auf bestimmte methodische Vorgehensweisen. Auch haben sie uns immer ermutigt, wenn nicht alles sofort funktionierte.

Während des Praktikums hat es mich besonders stolz gemacht, wenn von den Schülern ein positives Feedback kam und ich das Gefühl hatte, ihnen etwas beigebracht zu haben.

Nach Abschluss des Studiums möchte ich gern weiter mit Kindern und Jugendlichen arbeiten. Ich denke, dass ich die nötige Ruhe und Gelassenheit mitbringe. Das Praktikum hat meinen Wunsch noch verstärkt.


1 Die Hervorhebungen sind nicht dem Original entnommen, sondern von uns als stilistisches Mittel eingesetzt.